Die Universität Erlangen und die PPU Umwelttechnik GmbH implementierten eine vierte Reinigungsstufe in die kommunale Kläranlage Hausen bei Erlangen. Damit gehen sie gemeinsam den nächsten Schritt der kommunalen Abwasserbehandlung in Richtung saubere Zukunft.
PPU realisiert 4. Reinigungsstufe
Was ist eine vierte Reinigungsstufe?
Kommunales Abwasser wird traditionell in drei Stufen gereinigt: Die erste, mechanische Stufe ist eine Siebung, um grobe Bestandteile zu separieren. Die zweite, biologische Stufe ist die Behandlung durch Mikroorganismen, welche den Großteil der Verschmutzungen abbauen. Die dritte Stufe ist entweder eine Separierung des dabei entstehenden Schlamms oder eine zusätzliche, chemische Behandlung.
Dennoch bleiben Spurenstoffe im Abwasser zurück. Das sind Medikamentenrückstände, bestimmte, nicht biologisch abbaubare Reinigungsmittel, Farbstoffe, Pflanzenschutzmittel, Hormone oder Biozide. Aktuelle Forschungen beschäftigen sich mit der Auswirkung dieser Spurenstoffe auf die Umwelt und zeigen eine potenzielle Gefahr, allen voran für stehende Gewässer. Die vierte Reinigungsstufe setzt Verfahren ein, um diese Spurenstoffe abzubauen. Dabei kann Aktivkohle zum Einsatz kommen, ebenso wie Oxidationsverfahren.
Kläranlage Hause setzt auf Diamantelektroden
Die kommunale Kläranlage Hausen startete das Pilotprojekt, ein Oxidationsverfahren mit Hilfe von Diamantelektroden zu implementieren. Diese stammt aus der Forschungsabteilung der Universität Erlangen, welche sie zusammen mit der PPU Umwelttechnik GmbH aus Bayreuth in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Liegt elektrische Spannung an den Diamantelektroden an, dienen sie als Anode und Kathode. Im Abwasser bilden sie mit Hilfe des Stroms stark oxidierende OH-Radikale, welches die Spurenstoffe im Abwasser oxidiert. Bei dieser Reaktion entstehen Wasserstoff und Ozon.
Das Wissen, Spurenstoffe aus dem Abwasser oxidieren zu können, existiert seit rund 30 Jahren. Seit 2015 beschäftigt sich die Universität Erlangen damit, die oxidationsfähigen Diamantelektroden zu entwickeln. Mit der PPU Umwelttechnik GmbH aus Bayreuth haben die Forscher ein Unternehmen gefunden, welche die Technologie in industriellen Projekten einsetzt und deren Praxistauglichkeit untersucht. Im Fokus stehen dabei die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, die Öl- und Gasindustrie, die Textilindustrie sowie die Kunststoffrecyclingindustrie. In all diesen Bereichen liegt die Oxidationsquote der Diamantelektroden zwischen 80 und 90 Prozent.
Diamantelektroden finden immer mehr Anwendung
Dr.-Ing. Sabine Düreth-Joneck, Leiterin der Abteilung Forschung und Entwicklung bei der PPU in Bayreuth hat sich in den vergangenen Jahren mit der industriellen Anwendung der Diamantelektrode beschäftigt: „Wir wissen, dass die biologische Abwasserbehandlung bei bestimmten Stoffen an ihre Grenzen stößt“, so Düreth-Joneck. „Wir setzen das Oxidationsverfahren bereits in industriellen Projekten ein, um hochbelastete Industrieabwässer zu behandeln. Der Einsatz in der kommunalen Abwasserbehandlung als vierte Reinigungsstufe ist aber auch für uns eine neue Erfahrung. Wir sind uns aber sicher, dass die Diamantelektrode einen entscheidenden Mehrwert bringen wird“, schließt Düreth-Joneck ab.